Frage 10: Wie Freiherr von Münchhausen das Selbstmatt erfand

Wieder einmal wurde der Lügenbaron von seinen Freunden bestürmt, eines seiner Abenteuer zum besten zu geben. Schließlich gab der Freiherr ihren Bitten nach, ließ, da sie fast alle ebenso wie er begeisterte Anhänger des edlen Schachspiels waren, schnell Brett und Figuren bringen und erzählte ihnen an Hand derselben folgendes Histörchen: „Es ist, meine Herren, wie sie wissen, nicht meine Art, mich meiner Taten zu rühmen oder sie gar in prahlerischer Weise zu übertreiben. Aber ohne mir schmeicheln zu wollen, will ich ihnen heute verraten, das die Schachwelt ein ganzes Gebiet der Problemkunst, das heute schon viele Anhänger zählende Selbstmatt, letzten Endes einzig und allein mir verdankt. Ihre nicht gerade geistreichen Gesichter scheinen eine nähere Erklärung zu verlangen. Also hören sie, meine Herren!

Einst weilte ich bei Sultan Abdul Hamid zu Gast. Der Sultan war ein leidenschaftlicher Schachspieler, und man erzählte sich, das ihn noch niemand mattzusetzen vermochte. Das reizte mich, auch einmal mit ihm im friedlichen Kampfe die Klingen zu kreuzen. Sogleich forderte ich ihn daher zu einer Partie Schach heraus. Lange Zeit stand der Kampf ausgeglichen, bis der Sultan durch eine großzügige Opferorgie das Matt erzielen zu können glaubte. Doch umsonst starben seine Königin und fünf Offiziere den Heldentod. Denn meiner überaus geschickten Verteidigung gelang es, das drohende Matt im letzten Augenblick abzuwenden. Und nun hatte ich gewonnenes Spiel. Gerade wollte ich die Partie durch Te8+ nebst Sg3 matt zu meinen Gunsten entscheiden, als immer lauter werdendes Gemurmel und leises Waffenklirren mich aus Caissas Zauberreich in die raue Wirklichkeit zurückrief.

Mit einem Blick umfasste ich die düstere Miene des Sultans, die wilden, rachedurstigen Züge der waffenstarrenden Krieger und das höhnische Grinsen der Höflinge – und wusste, das ich den Gewinn dieser Partie mit dem Verlust einer anderen, der Partie des Lebens bezahlen würde. Mein erster Gedanke war, alle meine Figuren absichtlich preiszugeben. Aber dann fiel mir ein, das ein solches Verfahren mehr als auffällig und alles andere als listig war und schon deshalb eines Freiherrn von Münchhausen unwürdig.

Zum Teufel nein, so ging es nicht. Wie aber, wenn ich den Sultan unter Mattdrohung zwang, mich selbst mattzusetzen? Ein genialer Gedanke, und – sie werden es kaum für möglich halten – in der Hälfte der  Zeit, die ich damals für meinen berühmten Ritt auf der Kanonenkugel benötigt hatte, war mein Rettungsplan fix und fertig. Das verdutzte Gesicht des Sultans hätten sie sehen sollen, als er mich im fünften Zuge auf eine ihm selbst höchst schleierhafte Weise mattsetzte. Und während ich möglichst überrascht und erschrocken tat, nahm ich zu meiner Beruhigung wahr, wie sich langsam die unerträgliche Spannung löste und ein Aufatmen durch die Reihen der Umstehenden ging.

Immerhin werden sie mir gerne glauben, das mir nach dieser Schachpartie Konstantinopel zu heiß unter den Füßen wurde, so das ich eine gerade eingetroffene Einladung des Fürsten Potemkin zur Bärenjagd in Russland freudig annahm.

Ihnen aber und allen Freunden des Zabels möchte ich das Studium dieser Urgroßmutter aller Selbstmattaufgaben auf das wärmste empfehlen. Die Lösung erfahren sie ein andermal, und damit für heute, meine Herren – Gute Nacht!“

Wer löst dieses Selbstmatt in 5 Zügen des Freiherrn von Münchhausen?

Definition: Das Selbstmatt ist eine Form der Schachkomposition, bei der Weiß erzwingt, dass Schwarz ihn mattsetzt. Schwarz versucht dies um jeden Preis zu vermeiden.

Wem es zu schwer wird: Jeden Tag gebe ich einen Zug der Lösung vor, dafür gibt’s jeden Tag aber auch (nur) einen Punkt weniger. 15 Punkte gibt’s am Sonntag für die richtige Lösung, 14 am Montag, 13 am Dienstag usw.

Eure Lösungen wie immer an Heinzgeorg9@aol.com

Viel Spaß und Erfolg bei unserer letzten Aufgabe!

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